Ein Toter im Dschungel der Bürokratie

Die in Breisach lebende Krimiautorin Birgit Hummler stellt ihren neuen Roman “Sumpfgift” am Freitag in der Neutor Buchhandlung vor.

BREISACH. Das Foto auf dem Buch scheint auf dem Kopf zu stehen. Erst auf den zweiten Blick stellt man fest, dass sich die darauf abgebildeten dunklen Tannen am See auf glatter Wasseroberfläche ebenso spiegeln wie die gräulichen Wolken am schwäbischen Himmel. Ein Spiegelbild also, das den Einband von “Sumpfgift”, dem dritten Kriminalroman von Birgit Hummler ziert. Vor fünf Jahren zog sie von der Schwäbischen Alb nach Breisach. Hier stellt sie am Freitag, 8. April in der Neutor-Buchhandlung ihren neuen Roman vor. Spiegelbilder passen zu den Kriminalromanen von Hummel. In ihren Büchern reflektiert sie jene Sektoren unserer Gesellschaft, in denen Lobbyismus und Klüngelei, Geldgier und Skrupellosigkeit gedeihen. Durchgängiges Thema ist die Wirtschaftskriminalität. Bei “Stahlbeton”, ihrem 2010 erschienenen Debütroman, der gleich einen Literaturpreis gewann, ging es um Verbrechen rund um große Bauprojekte auf den Fildern in Stuttgart. Die Bankenkrise bildete den Hintergrund für Hummels zweiten Krimi, “Crashkurs”.

Schauplatz war auch hier wieder die Landeshauptstadt. Er spielt in einem Netzwerk aus Bankern, Anlagespekulanten und Finanzjongleuren. “Stuttgart ist Schauplatz all meiner Bücher, aber sie sind deshalb keine Stuttgart-Krimis”, sagt die Autorin. Die Schwabenmetropole bilde lediglich den geographischen Hintergrund für die Fälle von Wirtschaftskriminalität, über die Hummler schreibt. Das Team um Hauptkommissar Andreas Biallas, seine Stellvertreterin Hanna Stankowski und LKA-Abteilungsleiter Gerd Stoevesandt ermittelt in allen drei Romanen. Was die Autorin verändert, ist die Erzählperspektive. “Das ist interessanter für die Leser und vielseitiger beim Schreiben”, findet Hummler. In “Sumpfgift” geht es um die Produktion von Chemikalien und die kriminelle Energie, mit der die EU-Bestimmungen zur Herstellung, Lagerung und Distribution unterlaufen werden, damit Millionenprofite in schwarze Kassen fließen können. “In dieser Branche wird eine große Lobby-Schlacht geschlagen”, weiß Hummler aus eigener Anschauung.

Für ihren jüngsten Roman hat sie auch in der EU-Zentrale in Brüssel recherchiert und sich vom unübersichtlichen Bürokratie-Dschungel inspirieren lassen. “Habe ich ein spannendes Thema gefunden, brauche ich einen Toten”, erläutert sie ihre Arbeitsweise. Um diese beiden Eckpfeiler herum strickt sie dann einen spannenden Plot. Dabei heißt es für sie “Dramatik reinbringen, zuspitzen, die Charaktere lebendig werden lassen”. Wichtig sei es, dem roten Faden zu folgen und detailgenau die Orte des Geschehens zu beschreiben, erklärt Hummler. Alle Lokalitäten muss sie zuvor in Augenschein nehmen. Selbst in Stuttgart, wo sie aufgewachsen ist und deshalb fast jede Ecke kennt, sieht sie sich genau die Orte an, die sie in ihren Büchern beschreibt. “Wenn da auch nur ein kleines Detail unrichtig ist, merkt es der Leser sofort”, weiß die Schriftstellerin. Anregungen für ihre Themen bekommt sie vor allem beim Zeitungslesen. Natürlich war die Bankenkrise von 2008 sehr inspirierend. Und auch die Idee, einen Krimi rund um das Tauziehen um umweltpolitische Gesetzesvorlagen für die Chemieindustrie zu “spinnen”, verdankt sie der Zeitungslektüre.

Badische Zeitung, 6. April 2016